Änderungen von D2 zu D2-NEU
Ursprüngliche Version: | D2 (Version 1) |
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Status: | Modifiziert |
Eingereicht: | 04.10.2024, 18:15 |
Neue Version: | D2-NEU (Version 2) |
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Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 13.10.2024, 13:24 |
Titel
Antragstext
Von Zeile 1 bis 3:
Der Landesverband von Bündnis90/ Die Grünen spricht sich gegen die geplante Schließung
von Justizstandorten im Land aus.
Als Landesverband von Bündnis90/ Die Grünen stehen wir für einen starken Justizstandort Schleswig-Holstein. Wir stehen dafür, dass alle Menschen im Land einen einfachen und effektiven Zugang zu unseren Gerichten haben. Das gelingt am besten wohnortnah.
Wir begrüßen, dass nicht beim Personal, sondern an den Justizgebäuden gespart werden soll. Wir sprechen uns dafür aus, dass der im Koalitionsvertrag vereinbarte Personalaufbau in der Justiz und insbesondere bei den Staatsanwaltschaften fortgesetzt wird.
Die technischen Möglichkeiten für die Arbeit im Homeoffice sollen weiter verbessert werden; das gilt vor allem für die Performance der E-Akte und der Fachanwendungen der Gerichte.
Die angekündigte Schließung und Verlegung der Arbeits- und Sozialgerichte an einen zentralen Standort sehen wir aber sehr kritisch. Es wurde ein ausführlicher Beteiligungsprozess gestartet, der noch am Anfang steht. Unser Anspruch ist, dass wir diesen Austauschprozess kritisch-konstruktiv mitgestalten.
Wir verkennen nicht, dass die Haushaltslage eine große Herausforderung ist und auch die Justiz sich an den Einsparungen beteiligen muss. Nachteile bei den Gerichtsstandorten müssen aber mit Vorteilen für die Rechtssuchenden ausgeglichen werden. Sie dürfen nicht dazu führen, dass der Zugang zur Justiz, soweit er nicht digital möglich ist, erschwert wird. Sie müssen außerdem sozialverträglich für die Justizbeschäftigten sein. Ihre Interessen müssen im gesamten Verfahren im Fokus sein und Berücksichtigung finden.
Wir hängen nicht an einzelnen Justizstandorten. Vielmehr muss es darum gehen, Justizstandorte in der Fläche zu erhalten. Dies kann für uns auch bedeuten, dass einzelne Gerichte zusammengelegt werden. Vor einer möglichen Schließung muss aber geprüft werden, ob es vor Ort Alternativen mit ähnlichen Einspareffekten gibt. Gleiches gilt für die angekündigte Strukturreform bei den Amtsgerichten.
Für den Fall, dass Gerichtsstandorte tatsächlich geschlossen werden müssen, sollen Anreize geschaffen werden, Gerichtstage zum Beispiel in den Räumlichkeiten der örtlichen Amtsgerichte abzuhalten. Dies stärkt die Präsenz der Justiz vor Ort und kann auch die längeren Anfahrtswege vom neuen Standort zum Arbeitsgericht oder Sozialgericht abmildern.
Zudem sind derzeit noch keine Zahlen über das tatsächliche Einsparpotential der Reform bekannt. Sobald diese vorliegen, wird erneut zu prüfen sein, ob die Einsparungen den damit verbundenen Rückgang der staatlichen Präsenz vor Ort tatsächlich rechtfertigen.
Antrag in leichter oder einfacher Sprache
Begründung
Von Zeile 45 bis 70:
beschlossen worden sei, Sozial- und Arbeitsgerichte auf einen Standort zusammenzuführen, der wahrscheinlichmöglicherweise in Neumünster angesiedelt sein soll. Dafür sollen die bestehendenbestehende Standorte in Kiel, Lübeck, Itzehoe, Flensburg, Elmshorn und Schleswig geschlossenzusammengelegt werden. Das in Kiel ansässige Finanzgericht soll nach Schleswig umziehen. Allein dieseDiese insgesamt 10zehn Gerichte betreffenden Maßnahmen sollen bis zum Ende der Legislaturperiode bereitsaber nicht vor 2027 und erst dann vollzogen seinwerden, wenn ein geeignetes Gebäude vorhanden ist. Auch sollen die Amtsgerichte in den Blick genommen werden, ob Einsparungen möglich sind. Der Ausgang dieses Prozesses sei offen, es soll dabei aber auf jeden Fall mindestens ein Amtsgericht pro Landkreis erhalten bleiben.
Ferner plant das Justizministerium auch für die ordentliche Gerichtsbarkeit in Bezug auf die Amtsgerichte eine umfassende Umstrukturierung mit einer Reduzierung der Amtsgerichte nach dem Grundsatz: „Ein Gericht pro Kreis“. Auch dies würde die Schließung mehrerer Gerichte und den Ausbau anderer bestehender Standorte bedeuten. Begründet wurde dies mit den erforderlichen Einsparungen, die man nicht beim Personal vornehmen will.
Der Landesverband begrüßt zwar, dass beim Personal nicht gespart werden soll, spricht sich aber gegen die Schließungen aus und fordert das Beibehalten aller jetzigen Justizstandorte.
Die geplante Reform hat Nachteile zur Folge, die die behaupteten Einsparungen im Haushalt nicht rechtfertigen können:
Der Rückzug aus der Fläche führt zu längeren Wegen für die Beschäftigten und die Rechtssuchenden. Gerade in Zeiten, in denen unsere rechtsstaatlichen Institutionen von Rechts unter enormen Druck steht, ist es falsch, die Präsens des Rechtsstaats zu reduzieren. Gerade in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit kann der Rückzug aus der Fläche auch nicht durch die Digitalisierung abgefedert werden. In diesen sensiblen Bereichen ist die Anzahl der rechtssuchenden Menschen, die ohne Anwalt direkt Rechtsschutz suchen, hoch. Nur im direkten Gespräch und Austausch können die Argumente ausgetauscht werden. Der Gang zum Anwalt ist vielfach nicht bezahlbar oder wird gescheut. De facto werden diese Menschen dann darauf verzichten, ihre Rechte geltend zu machen.
Die geplante Reform der Gerichtsstruktur hat Nachteile zur Folge. Ein Rückzug aus der Fläche kann zu längeren Wegen für die Rechtssuchenden und vor allem für die Justizbeschäftigten führen. Gerade in Zeiten, in denen unsere rechtsstaatlichen Institutionen von Rechtsaußen unter enormem Druck steht, kann leicht der falsche Eindruck entstehen, der Rechtsstaat ziehe sich zurück. Zwar kann dies in der Arbeits- und der Sozialgerichtsbarkeit nicht allein durch die Digitalisierung abgefedert werden. Im direkten Gespräch und Austausch können Argumente und Fakten häufig am besten ausgetauscht und die besten Ergebnisse erzielt werden. Aber insbesondere die Gerichtstage in den in der Fläche weiterhin vorhandenen Amtsgerichten sind ein adäquates Mittel, die wegen der Abdeckung der Amtsgerichte sogar zu einer Verbesserung der örtlichen Erreichbarkeit führen könnten
Für die etwa 240 betroffenen Beschäftigten in der Justiz entstehen große Existenzängste. EntwederTeilweise muss ein Umzug erfolgen, oder siees müssen lange Pendelwege in Kauf nehmengenommen werden. Auf Grund der unzuverlässigen Bahn heißt das vor allem, dass vermehrt mit dem Auto gependelt werden muss. Wir wollen dafür eintreten, dass durch den Ausbau neuer Arbeitsformen wie Homeoffice, Co-Working-Räumen und die Ermöglichung von Raumbuchungen in anderen Gerichten diese Nachteile verringert werden.
Aufgabe der Amtsgerichte ist es, kleinere zivilrechtliche Streitigkeiten und kleinere Strafverfahren vor Ort zu erledigen. Dafür müssen die Amtsgerichte Kenntnisse der lokalen Verhältnisse haben. Die Richter*innen sollen in ihren Amtsbezirken verwurzelt sein. Weniger Amtsgerichte in der Fläche gefährden ihre Funktionsfähigkeit.
Zudem erscheint die Beschränkung auf ein Amtsgericht pro Bezirk willkürlich. Die örtlichen und geographischen Besonderheiten der Kreise in SH werden dabei völlig außer Acht gelassen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum z.B. die Stadt Flensburg mit einer Fläche von 57 km² die gleiche Anzahl von Amtsgerichten erhalten soll wie der Kreis Rendsburg Eckernförde mit einer Fläche von 2.189 km².
Auch die Attraktivität des Justizstandorts Schleswig-Holstein wird geschwächt. Aufgrund der anstehenden Pensionierung der geburtenstarken Jahrgänge ist die Justiz dringend auf
Nachwuchs angewiesen. Hierbei konkurriert sie mit der freien Wirtschaft und deren deutlich höheren Löhnen um die besten Jurist*innen des Landes. Die Stärke der Justiz ist seit jeher die Beständigkeit und Sicherheit für ihre Beschäftigten. Die jetzige Intransparenz und fehlende Kommunikation durch das Ministerium haben einen schweren Vertrauensverlust ausgelöst. Die Konzentration auf einen Standort verhindert, dass Menschen an einem Gericht in ihrer Heimat- oder Wunschgemeinde arbeiten können. Dies mindert die Attraktivität der schleswig-holsteinischen Justiz für die nächste Generation an Jurist*innen.
Das Vorbild der Konzentration auf ein Verwaltungsgericht ist nach der überwiegenden Ansicht der Gewerkschaften und Verbände ein Negativbeispiel, was nicht gut funktioniert – das muss uns Warnung sein. Denn die Justiz ist kein Wirtschaftsunternehmen, das durch Skalierung bessere Ergebnisse erzielt. Die Justiz ist eine Dienstleistung, ein Grundrecht der Menschen im Land. Sie ist Ansprechpartnerin bei empfundenen Unrecht. Sie ist ein Zeichen dafür, dass der Staat vor Ort ist, vermittelt und Rechtsfrieden schafft. Bis auf das Saarland wäre Schleswig-Holstein das einzige Bundesland, dass die Justiz an einen Standort konzentriert. Allerdings ist das Saarland auch nur etwas größer als der Kreis Rendsburg-Eckenförde.
Deswegen wird auch die Reduzierung auf ein Amtsgericht pro Kreis abgelehnt. Auch dies würde sehr weite Wege für viele Rechtssuchende bedeuten und ein Wegfall regionaler Kenntnisse und die einfache Möglichkeit für Ortstermine.
Die Justiz ist nicht nur eine Dienstleistung, sie ist ein Grundrecht der Menschen im Land. Sie ist Ansprechpartnerin bei empfundenem Unrecht. Sie ist ein Zeichen dafür, dass der Staat vor Ort ist, vermittelt und Rechtsfrieden schafft. Sie ist die dritte Säule und damit einer der Kernbereiche des Staates. Es gibt Bereiche, in denen Kürzungen besonders schmerzhaft sind. Dies gilt im Sozial- wie im Bildungsbereich, aber auch im Naturschutz oder im Bereich der Energiewende. Die Kürzungen dürfen keinesfalls dazu führen, dass der Staat nicht mehr handlungsfähig ist. Die Justiz als dritte Gewalt muss stark sein und insbesondere in herausfordernden Zeiten so aufgestellt sein, dass Recht durchgesetzt wird und der Rechtsstaat funktionsfähig bleibt.