Veranstaltung: | Landesparteitag S-H Oktober 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 4. Anträge |
Antragsteller*in: | Frederic Meyer & Annabell Pescher (Sprecher*innen LAG Bildung) (dort beschlossen am: 13.09.2024) |
Status: | Eingereicht |
Antragshistorie: | Version 2 |
A14 (Ä1): Ausbildungsqualität stärken, Lehrkräfteausbildung vernetzen: Ablehnung einer reinen Verkürzung des Vorbereitungsdienstes
Antragstext
Bildungsforschung zeigt, dass der Bildungserfolg von Schüler*innen maßgeblich
von der Qualität der Lehrkräfte abhängt. Die Ausbildung von Lehrkräften muss
daher priorisiert und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Der
Vorbereitungsdienst (Referendariat) spielt eine zentrale Rolle und muss in enger
Abstimmung mit dem Lehramtsstudium und der Berufseingangsphase weiterentwickelt
werden. Besonders kritisieren wir die noch unzureichende Vernetzung dieser drei
Phasen, was aktuell zu Qualitätseinbußen führt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schleswig-Holstein fordern daher:
1. Ablehnung einer reinen Verkürzung des Vorbereitungsdienstes
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schleswig-Holstein sprechen sich gegen eine reine
Verkürzung des Vorbereitungsdienstes für Lehrkräfte aus. Eine Verkürzung
gefährdet die bisherige Qualität der Lehrkräfteausbildung, da wichtige Aspekte
wie professionelle Handlungskompetenz und die Lehrkräftepersönlichkeit in
kürzerer Zeit nicht ausreichend entwickelt werden können.
Das „Gutachten zur Lehrkräftegewinnung und Lehrkräftebildung“ der ständigen
wissenschaftlichen Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz muss
hinsichtlich der Empfehlungen, die Theoriephasen deutlich stärker mit
Praxiserfahrungen zu koppeln, genau auf die Anwendbarkeit in Schleswig-Holstein
untersucht werden. Die dafür notwendigen Strukturen und Prozesse, die aus den
Vorschlägen der SWK zur Lehrkräfteausbildung resultieren, müssen zunächst genau
beschrieben und unter wissenschaftlicher Begleitung erprobt werden. Denn eine
Diskussion über die Möglichkeit der Verkürzung des Vorbereitungsdienstes ist für
uns ausschließlich mit einer vorherigen Verbesserung der Vernetzung der
verschiedenen Ausbildungsphasen denkbar.
2. Steigerung der Attraktivität des Vorbereitungsdienstes
Wir erkennen die Notwendigkeit an, den Vorbereitungsdienst attraktiver zu
gestalten, um den Lehrberuf für junge Menschen zugänglicher und ansprechender zu
machen. Hierbei setzen wir auf eine bessere Balance zwischen Theorie und Praxis,
um die Bedürfnisse der Lehramtsanwärter*innen stärker zuberücksichtigen:
Erheblicher Zeitdruck und eine übermäßige Verdichtung der Ausbildungsinhalte
sind einer qualitativ hochwertigen Ausbildung nicht zuträglich. Daher fordern
wir:
- Erhöhung der Flexibilität bei der Gestaltung des Vorbereitungsdienstes, z.
B. durch die Möglichkeit, bestimmte Module individuell oder asynchron zu
vertiefen oder die Hausarbeit als Prüfungsform durch alternative
Zusatzqualifikationen (wie das Beratungszertifikat) zu ersetzen
- Studierende sollen durch gezielte Maßnahmen wie
Informationsveranstaltungen bereits im Studium besser auf den
Vorbereitungsdienst vorbereitet werden. Der Übergang von Studium zum
Vorbereitungsdienst soll ohne lange Wartezeiten erfolgen.
- Die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst darf nicht allein von der
Abschlussnote abhängen. Zusätzliche Qualifikationen wie
Auslandsaufenthalte, gesellschaftliches Engagement und Fortbildungen sowie
individuelle Unterstützungsbedarfe sollten berücksichtigt werden.
- Besonders Referendar*innen mit individueller Mehrfachbelastung (Care-
Arbeit, Behinderungen usw.) sollen besser unterstützt werden. Das betrifft
beispielsweise die Flexibilisierung der Ausbildungszeiten und eine größere
Kulanz bei Fehlzeiten.
3. Stärkere Vernetzung von Studium und Vorbereitungsdienst
Wir fordern eine systematische und nachhaltige Verzahnung des Lehramtsstudiums
(erste Phase) mit dem Vorbereitungsdienst (zweite Phase). Diese Vernetzung soll
durch eine engere Kooperation zwischen den lehramtsqualifizierenden Hochschulen
und dem „Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein“ (IQSH)
erreicht werden, um den Wissenstransfer und die Praxisorientierung zu stärken.
Konkret schlagen wir vor:
- Sicherung der kontinuierlichen Weiterentwicklung beruflicher Kompetenzen
in allen Phasen der Lehrer*innenausbildung im Sinne eines gemeinsam
geplanten Spiralcurriculums unter Einbindung von Querschnittsaufgaben wie
Inklusion, Digitalisierung, Kulturelle Bildung usw.
- Gemeinsame Fortbildungen und Vernetzungstreffen für Hochschullehrende und
Studienleitungen des IQSH, um den Austausch strukturell sicherzustellen.
4. Einführung einer dritten Phase (Berufseingangsphase)
Wir sprechen uns für die Einführung einer Berufseingangsphase als dritte Phase
der Lehrer*innenausbildung aus. Diese wird von der SWK in ihrem „Gutachten zur
Lehrkräftegewinnung und Lehrkräftebildung“ empfohlen. Wir finden, dass eine
freiwillige Berufseingangsphase den Übergang in den Beruf erleichtern und den
Lehrkräften kontinuierliche Unterstützung bieten kann. Konkret fordern wir:
- Ein Mentoringprogramm an den Schulen, welches neuen Lehrkräften in den
ersten beiden Berufsjahren zur Seite steht. Regelmäßige Feedbackgespräche
mit erfahrenen Mentor*innen und mit anderen Lehrkräften sollen die
Reflexion der eigenen Praxis fördern.
- Monatliche Reflexionsseminare für Lehrkräfte in der Berufseingangsphase,
um den peergestützten Austausch der Berufseinsteiger*innen untereinander
zu fördern. Diese Seminare sollen als geschützter Raum für den kollegialen
Austausch und zur vertieften Auseinandersetzung mit beruflichen
Herausforderungen dienen. Die Reflexionsnetzwerke sollten lokal,
inhaltlich stark bedarfsorientiert selbstbestimmt sein und durch ein
Mentoring begleitet werden.
- Den Lehrkräften soll in der Berufseingangsphase bei vollen Bezügen und
abgesenkter Lehrverpflichtung ein prüfungsfreies Reflexionsangebot gemacht
werden.
5. Ermittlung des notwendigen Reformbedarfs im Vorbereitungsdienst
Wir setzen uns dafür ein, die Haltequote von Lehramtsstudierenden in Schleswig-
Holstein systematisch zu erfassen. Es ist entscheidend zu verstehen, wie viele
Absolvent*innen ihren Vorbereitungsdienst im Land antreten und welche Faktoren
sie davon abhalten. Nur dann können gezielte und bedarfsgerechte Maßnahmen
entwickelt werden, um die Abwanderung in andere Bundesländer oder Berufszweige
zu reduzieren und den Vorbereitungsdienst insgesamt attraktiver zu gestalten.
Konkret fordern wir:
• Eine Untersuchung, die ermittelt, wie viele Lehramtsabsolvent*innen aus
Schleswig-Holstein ihren Vorbereitungsdienst hier absolvieren und welche Gründe
dazu führen, dass einige diesen nicht in Schleswig-Holstein antreten oder sich
sogar einem anderen Beruf zuwenden.
• Eine ergänzende Abfrage bei Referendar*innen nach ihrem Staatsexamen, um deren
Gründe für eine mögliche Abwanderung oder den Verbleib in Schleswig-Holstein zu
erfassen.
• Basierend auf den Ergebnissen sollen Maßnahmen entwickelt werden, um den
Vorbereitungsdienst für angehende Lehrkräfte zu verbessern und somit auch dem
Lehrkräftemangel entgegenzuwirken.
Mit diesen Maßnahmen wollen wir sicherstellen, dass die Lehrer*innenbildung in
Schleswig-Holstein zukunftsfähig, praxisnah und attraktiv bleibt. Die
langfristige Qualität der schulischen Bildung hängt entscheidend von der
Ausbildung und Unterstützung der Lehrkräfte ab.
Antrag in leichter oder einfacher Sprache
Der Erfolg von Schülerinnen und Schülern hängt von guten Lehrkräften ab.
Schüler*innen lernen mit guten Lehrkräften besser.
Deshalb brauchen Lehrkräfte eine gute Ausbildung.
Diese Ausbildung muss immer weiter verbessert werden.
Die Ausbildung der Lehrkräfte hat drei wichtige Teile:
- Das Studium
- Der Vorbereitungsdienst (auch Referendariat genannt)
- Die Zeit nach dem Vorbereitungsdienst, wenn Lehrkräfte anfangen, zu
arbeiten
Schwierig ist:
Die drei Teile sind nicht gut miteinander verbunden.
Das macht die Ausbildung schlechter.
Außerdem müssen die Lehrkräfte in immer weniger Zeit immer mehr lernen.
Was wollen wir ändern?
1. Wir sind gegen eine Verkürzung des Vorbereitungsdienstes.
Wir sagen:
Der Vorbereitungsdienst darf nicht kürzer werden.
Dann lernen die neuen Lehrkräfte nicht genug.
Sie brauchen Zeit, um sich zu verbessern.
Zum Beispiel Sachen wie:
- Die Arbeit als Klassenlehrkraft
- Das Sprechen mit den Schülerinnen und Schülern
- Das Sprechen mit den Eltern oder Kollegen
Deshalb wollen wir:
- Keine einfache Verkürzung des Vorbereitungsdienstes
- Erst sollen die drei Ausbildungsteile besser verbunden werden
- Danach kann man in Ruhe schauen, ob eine Verkürzung klug ist
2. Der Vorbereitungsdienst muss attraktiver werden.
Wir finden:
Der Vorbereitungsdienst muss besser werden.
Damit mehr junge Leute auch Lehrkraft werden wollen.
Was bedeutet das genau?
- Lehrkräfte sollen genug Zeit haben, neue Dinge auszuprobieren.
- Lehrkräfte sollen mehr mitentscheiden können, wie sie lernen wollen. Zum
Beispiel könnten sie manche Dinge in anderer Reihenfolge lernen. Oder
Dinge zuhause nacharbeiten.
- Der Übergang zwischen Studium und Vorbereitungsdienst soll ohne lange
Pausen möglich sein.
- Der Start in den Vorbereitungsdienst soll nicht nur von der Note abhängen.
Auch andere Dinge sollen wichtig sein. Zum Beispiel das Ehrenamt oder ob
man im Ausland war.
- Lehrkräfte mit vielen Aufgaben neben der Schule (zum Beispiel
Kinderbetreuung) sollen mehr Unterstützung bekommen.
3. Studium und Vorbereitungsdienst müssen besser verbunden werden.
Lehramtsstudium und der Vorbereitungsdienst sollen besser zusammenpassen.
Was bedeutet das genau?
- Alle drei Teile der Ausbildung sollen aufeinander aufbauen. Dabei soll es
besonders um wichtige Themen wie Inklusion und Digitalisierung gehen.
- Die Ausbilder sollen sich mehr austauschen und gemeinsam die Ausbildung
verbessern.
4. Eine dritte Phase der Lehrerausbildung einführen.
Wir fordern:
Es soll einen dritten Teil in der Ausbildung für Lehrkräfte geben.
Dieser kommt nach dem Vorbereitungsdienst.
Er heißt: Berufseingangsphase
Neue Lehrer sollen damit gut in den Beruf starten.
Was bedeutet das genau?
- Dieser Teil der Ausbildung soll freiwillig sein.
- Lehrkräfte sollen ein Mentoringprogramm bekommen. Das bedeutet: Erfahrene
Lehrerinnen helfen ihnen. Und tauschen sich mit ihnen aus.
- Es soll regelmäßige Treffen für Austausch geben.
- Lehrkräfte sollen in der Anfangszeit weniger unterrichten. Dann können sie
mehr über ihren Unterricht nachdenken.
Begründung
Erfolgt mündlich.
Aus der LAG gab es ein mehrheitlich positives Votum für den Antrag. Dieses war allerdings außerhalb der Frist für Umlaufbeschlüsse.
Unterstützer*innen
- Leon Bossen (KV Flensburg)
- Tobias Lentz (KV Flensburg)
- Lennert Pasberg (KV Segeberg)
- Alexandra Königshausen (KV Flensburg)
- Marc Jöns (KV Flensburg)
- Scarlett Schmit (KV Steinburg)
- Ellen Kittel (KV Flensburg)
- Hans-Peter Hopp (KV Ostholstein)
- Falk Bednarski (KV Flensburg)
- Fabian Osbahr (KV Segeberg)
- Inga Asmussen (KV Kiel)
- Katja Claussen (KV Flensburg)
- Gabriele Piachnow-Schmidt (KV Steinburg)
- Ramon Arndt (KV Steinburg)
- Birgit Asmus-Mrozek (KV Steinburg)
- Malte Harlapp (KV Stormarn)
- Ulrike Lahrmann (KV Steinburg)
- Sven Gebhardt (KV Flensburg)
- Annette Granzin (KV Ostholstein)
- Jan-Hendrik von Zelewski (KV Kiel)
- Saskia Grobe (KV Steinburg)
- Kirsten Schaltenberg (KV Schleswig-Flensburg)
- Britta Baar (KV Dithmarschen)
- Zoé Engel (KV Kiel)