Veranstaltung: | Landesparteitag S-H Oktober 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 5.4. Parteirat |
Antragsteller*in: | Fabian Osbahr (KV Segeberg) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 06.10.2024, 17:31 |
B22: Fabian Osbahr
Selbstvorstellung
Liebe grüne Gemeinschaft,
Erosion bestimmt gegenwärtig unseren Alltag. Gesellschaftlich - national und international.
Auch in unserer Partei zeichnen sich (bislang noch feine) Haarrisse ab, denen es entschieden und früh genug zu begegnen gilt.
Gegenwärtig dürfen wir Grüne dank erfolgreicher Wahlkämpfe der letzten Jahre noch in vielen Regierungskonstellationen mitmischen, gestalten und uns einbringen.
Wir erleben dabei zusehends, wie wir angesichts epochaler globaler Entwicklungen und schwerer Versäumnisse auch vergangener Regierungen immer wieder von unseren Wahlkampfideen wegschwenken, mitunter schlicht pragmatisch handeln, aber auch Prinzipien und Grundsätze in Klammern setzen oder teilweise gänzlich aussetzen und sogar opfern.
Zugleich erodieren und erstarken in Deutschland - nachdem wir uns lange sehr schadlos halten konnten - rechtsradikale und weitreichend populistische Kräfte.
Auch der "Sound" der Mitte-Parteien lässt wenig Gutes für die Zukunft erahnen - verfolgt man den Schaum-im-Mund-Eifer, mit dem aktuell ein Überbietungs-Wettkampf stattfindet - bei Sanktionen gegenüber finanziell schwachen Menschen, beim Kampf gegen Migration, beim realitätenverdrehenden Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Was erschreckend hinzukommt (und etwa in den Wahlanalysen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg deutlich wurde):
Die gesellschaftliche Erosion wird zusätzlich beschleunigt durch verunsicherte, politikverdrossene, hoffnungsfreie Menschen, denen es wirtschaftlich nicht gut geht in einer neoliberal eingefärbten Welt, an der auch leider wir Grüne in Regierungsverantwortung(en) unseren Anteil haben - sei es aus falsch akzentuierter Schwerpunktsetzung von Themen, sei es aufgrund von zu viel Kompromissbereitschaft, sei es aus mangelndem Bewusstsein gegenüber ökonomischen Notwendigkeiten.
Das Gegeneinander-Ausspielen der Mittelschicht, die zunehmend bröckelt und etwa im Handwerk oder der Pflege mit schlechter Bezahlung klarkommen muss, gegen die, die finanziell ganz unten stehen, ist leider ein willkommenes Instrument konservativer und neoliberaler Kräfte - immer wieder etwa beim Bürgergeld zu beobachten.
Unsere Abgrenzung dagegen verschwimmt in den wachsweichen Kompromissen mit unseren Koalitionspartnern leider zu oft.
Und das wir all das "zähneknirschend" mittragen, macht die Situation in der Praxis letztlich keinen Deut besser, als hätten wir das Gebiss ruhiggehalten.
Bizarrerweise mündet und endet unsere grüne Kritik an den ökonomischen Gegebenheiten oft damit, dass wir als Grüne zwar erkennen, dass wir mehrere hundert Milliarden Euro schwere öffentliche Investitionen in Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung und Resilinienz gegen die Klimakrisen-Folgen benötigen. Und dass dafür die Schuldenbremse reformiert werden muss, haben daher die meisten Grünen mittlerweile eingesehen.
Die Diskussionen werden aber leider selten progressiv volkswirtschaftlich, sondern meistens rein politisch geführt - indem etwa nie der elementare Hinweis erfolgt,
- dass "Schulden" per se nichts "Böses" sind, sondern das logische Gegenstück zur Vermögensbildung der Welt.
- dass in Deutschland seit Jahrzehnten von Privathaushalten und Unternehmen um die Wette gespart wird (= Realwirtschaft Nachfrage entzogen wird) und nur das Ausland unsere Konjunktur seit 20 Jahren voll am Laufen hält, weil es sich massiv Jahr für Jahr bei uns verschuldet und damit das deutsche Dauersparen kompensiert.
- dass "Konsolidierung" daher absolut nichts Heldenhaftes sein kann, mit dem auch grüne Politik sich wiederholt volkswirtschaftlich schlicht falscher Solidität rühmt, die in Wirklichkeit nicht anderes als der Entzug von öffentlichen Ausgaben ist, die zu kaputten Turnhallen, nicht-gebauten Radwegen, maroden Brücken, zersparter Bildung und brechenden Deichen führt, die allen massiv schadet.
Der grüne, progressive Ansatz muss noch viel entschiedener sein, hier mit den alten deutschen Mythen, die leider in der deutschen Bevölkerung als Geist der schwäbischen Hausfrau fest verwurzelt ist, aufzuräumen.
Wenn mehr als die Hälfte der Bevökerung die Schuldenbremse verteidigt und sich ideologiegesteuert davon verführen lässt, dass "genug Geld da sei" und der Staat sein Geld eben weniger für Ausland und Bürgergeld "verschwenden solle", dann läuft erkennbar etwas in Deutschland falsch, was volkswirtschaftliches Wissen anbelangt. Da müssen wir als Grüne deutlich kämpferischer, engagierter, aufklärerischer, argumetativ besser auftreten.
Sonst enden wir immer wieder bei solch überflüssigen und gesellschaftlich gefährlichen Großereignissen wie den verständlichen Bauernprotesten im Winter, die einzig und allein den Kürzungsorgien und dem hektischen Sparhickhack der Schuldenbremse geschuldet waren und die den Ruf der Ampel zu allem übrigen mehr als nachhaltig beschädigt haben.
Wir haben die Kraft der guten makroökonomischen Argumente eigentlich auf unserer Seite. Eine Fülle an Studien der letzten Jahre hat jüngst erst deutlich gemacht, dass restriktive Haushaltspolitik den Extremismus der Ränder stärkt, wie international deutlich zu beobachten ist.
Wenn Populist:innen es schaffen, Teilen der Bevölkerung als Narrativ glaubhaft einzubläuen, dass Geld für Migration, Arbeitslose und ausländische Radwege da sei, aber eben nicht für die löchrige Straße, die einsturzgefährdete Turnhalle oder pünktlich fahrende Züge, dann hat die demokratische Mitte ein Kommunikations- und Handlungsproblem, selbstverschuldet auch dank unsinniger Fiskalregeln im Land.
Länger andauernde extreme Sparpolitik in einer wirtschaftlichen Krise hatten wir Deutschen auch schon einmal in den frühen 1930-er Jahren unter Brüning - die grauenerregenden Folgen sind bekannt...
Der beste Kitt für eine intakte, mittig ausgerichtete Gesellschaft, die den extremen Rändern die Rote Karte zeigt, sollte demnach eine grüne Politik sein, die einen intakten, funktionsfähigen Staat wieder ins Zentrum stellt, der seine öffentlichen Aufgaben - gute Schulen und Unis, heile Straßen, Radwege und Brücken, zeitgemäße Digitalisierung, Resilienz gegen Klimakrisenfolgen - vollumfänglich erfüllen kann.
Und eine grüne Politik, die soziale Ausgewogenheit und Augenmaß wieder deutlich verstärkt ins Zentrum stellt - wie beim Kampf für angemessene Löhne, die ohne staatliche Aufstockung auskommen, für breite Tariftreue und einen Mindestlohn, der wirklich zum Leben reicht.
Und Klimaschutzmaßnahmen, die immer(!) flankiert sein müssen von Kompensationsmaßnahmen für finanziell Schwächere (Klimageld!), weil wir diesen Teil der Bevölkerung sonst dauerhaft zu verlieren drohen.
Für eine starke Präsenz all dieser Themenfelder möchte ich mich als ein Mitglied des Parteirates herzlich gerne einsetzen.
Zugleich möchte ich meinen Blick als Kreistagsabgeordneter des sehr ländlich geprägten Kreises Segeberg mit einbringen, bei dem der Dualismus Stadt vs Land, etwa bezüglich Mobilität, kreisweiter Vernetzung von Kultur oder den Freizeitmöglichkeiten von Jugendlichen eine erhebliche Rolle spielt. Auch hier existieren viele Baustellen, die ein norddeutscher grüner Landesverband im Auge haben muss.
Es würde mich sehr freuen, wenn ihr mir eure Stimme gebt und ich mich für all das oben Genannte stark machen kann! :-)
Herzliche grüne Grüße
Fabian
Kurzinfos zu meiner Person:
- verheiratet, zwei Töchter (9 und 6)
- gebürtiger Kieler, aufgewachsen in Wendtorf, wohnhaft in Bad Segeberg seit 2010
- Abitur in Heikendorf 2002, Zivildienst im Rehazentrum, Studium 2003-2007 an der CAU Kiel
- Gemeinschaftsschullehrer (Deutsch, Chemie, Wirtschaft/Politik)
- Mitglied bei B´90/Die Grünen seit Anfang 2021
- Sprecher des OV Bad Segeberg 2021-2023
- Mitglied der LAGen Bildung und Wirtschaft
- Abgeordneter des Kreistages Segeberg für B´90/Die Grünen seit 2023
- Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Kreistagsfraktion
- Bildungspolitischer Sprecher der Kreistagsfraktion
Bewerbung in leichter oder einfacher Sprache
Liebe grüne Gemeinschaft,
Im Moment erleben wir, dass vieles zerbricht – in der Gesellschaft, sowohl in Deutschland als auch weltweit.
Auch in unserer Partei gibt es erste kleine Risse, die wir ernst nehmen und frühzeitig angehen müssen.
Dank erfolgreicher Wahlen der letzten Jahre sind wir Grünen in vielen Regierungen dabei und können mitgestalten.
Doch durch die großen globalen Veränderungen und Fehler früherer Regierungen müssen wir oft von unseren Wahlversprechen abrücken und Kompromisse machen. Dabei setzen wir manchmal unsere Grundsätze zurück oder opfern sie ganz.
Gleichzeitig sehen wir in Deutschland ein Erstarken von rechtsradikalen und populistischen Kräften. Dazu kommt, dass auch die sogenannten "Mitte-Parteien" einen Wettkampf austragen – oft auf Kosten der sozial Schwächeren, gegen Migration oder mit verzerrten Ansichten zum Krieg in der Ukraine.
Ein weiteres Problem ist, dass viele Menschen in Deutschland politisch frustriert und hoffnungslos sind, weil es ihnen wirtschaftlich schlecht geht. Wir Grünen tragen daran auch eine Mitschuld, sei es durch falsche Schwerpunkte oder zu viele Kompromisse in der Regierung.
Die Mittelschicht, die zum Beispiel in Handwerk oder Pflege schlecht bezahlt wird, wird von konservativen Kräften oft gegen die finanziell Schwächsten ausgespielt – das sieht man zum Beispiel an den Diskussionen um das Bürgergeld. Unsere grüne Position dazu verwässert leider oft in Kompromissen mit den Koalitionspartnern.
Wir Grünen wissen eigentlich, dass wir viele öffentliche Investitionen in Bildung, Infrastruktur und den Klimaschutz brauchen. Dafür müsste die Schuldenbremse reformiert werden. Leider führen wir diese Diskussionen meist nur politisch, und nicht volkswirtschaftlich.
Zum Beispiel wird selten gesagt, dass Schulden nicht per se schlecht sind, sondern ein Gegenstück zur Vermögensbildung. Oder dass das viele Sparen in Deutschland die Nachfrage dämpft und nur durch Auslandsschulden ausgeglichen wird, was unsere Wirtschaft am Laufen hält.
Wenn der Staat immer weiter spart, führt das nur zu kaputten Straßen, maroden Brücken und schlechter Bildung, was uns allen schadet.
Wir Grünen müssen mutiger auftreten und den alten Mythen über Schulden entgegentreten. Wenn mehr als die Hälfte der Bevölkerung die Schuldenbremse verteidigt und denkt, der Staat solle weniger Geld für Ausland und Bürgergeld ausgeben, dann haben wir als Grüne ein Kommunikationsproblem.
Es ist wichtig, dass wir als Grüne eine Politik machen, die sich für einen starken Staat einsetzt – für gute Schulen, sichere Straßen, und Klimaschutz, der auch sozial gerecht ist.
Wir müssen dafür sorgen, dass Klimaschutzmaßnahmen immer von Unterstützung für die Schwächeren begleitet werden, damit wir diese Menschen nicht verlieren.
Für all diese Themen möchte ich mich als Mitglied des Parteirates einsetzen. Gleichzeitig bringe ich meine Erfahrungen als Kreistagsabgeordneter eines ländlichen Kreises ein, wo der Unterschied zwischen Stadt und Land, z.B. bei Mobilität und Kultur, eine große Rolle spielt.
Ich würde mich freuen, wenn ihr mir eure Stimme gebt und ich mich für diese Themen stark machen kann!
Herzliche grüne Grüße
Fabian
Kurze Infos zu mir:
verheiratet, zwei Töchter (9 und 6)
geboren in Kiel, aufgewachsen in Wendtorf, seit 2010 wohnhaft in Bad Segeberg
Abitur 2002, Zivildienst im Rehazentrum, Studium 2003-2007 an der CAU Kiel
Lehrer (Deutsch, Chemie, Wirtschaft/Politik)
Mitglied bei den Grünen seit Anfang 2021
Sprecher des Ortsverbands Bad Segeberg 2021-2023
Abgeordneter des Kreistages Segeberg seit 2023
Stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Kreistag
Bildungspolitischer Sprecher der Fraktion
- Alter:
- 41
- Geburtsort:
- Kiel